Arbeitsrecht

06.06.2025

Kein Urlaubsverzicht durch Vergleich – BAG-Urteil vom 3. Juni 2025

Hintergrund des Falls

In seinem Urteil vom 3. Juni 2025 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass ein Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis nicht wirksam auf seinen gesetzlichen Mindesturlaub verzichten kann – selbst dann nicht, wenn ein gerichtlicher Vergleich geschlossen wurde, in dem dieser Verzicht vereinbart ist.

Im entschiedenen Fall war der Kläger seit Anfang 2023 bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am 30. April 2023 durchgehend arbeitsunfähig krank. Den ihm noch zustehenden gesetzlichen Urlaub konnte er daher nicht nehmen. Die Parteien schlossen am 31. März 2023 einen gerichtlichen Vergleich, in dem unter anderem stand, dass „Urlaubsansprüche in natura gewährt“ seien. Nach Ansicht des Klägers war dies jedoch unwirksam, da ein Verzicht auf gesetzlichen Mindesturlaub rechtlich ausgeschlossen sei.

Entscheidung des Gerichts

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Kläger recht und bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen. Die Regelung im gerichtlichen Vergleich sei unwirksam, soweit sie einen Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub beinhalte. Denn nach § 13 Abs. 1 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) darf der gesetzliche Mindesturlaub nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden – auch nicht durch arbeitsvertragliche oder gerichtliche Vereinbarungen.

Selbst dann, wenn bereits feststeht, dass der Arbeitnehmer den Urlaub krankheitsbedingt nicht mehr nehmen kann, besteht ein Anspruch auf Abgeltung (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Der Urlaub „verfällt“ in einem solchen Fall nicht – und kann nicht wirksam durch eine Klausel im Vergleich ausgeschlossen werden.

Kein wirksamer „Tatsachenvergleich“

Das Gericht stellte außerdem klar, dass es sich bei der Formulierung im Vergleich („Urlaubsansprüche sind in natura gewährt“) nicht um einen sogenannten Tatsachenvergleich handelt. Ein solcher wäre nur dann zulässig, wenn zwischen den Parteien Unsicherheit über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs besteht. Im vorliegenden Fall war der Kläger jedoch durchgehend krank – eine Unsicherheit lag also nicht vor.

Das Urteil stellt klar:

  • Ein Verzicht auf gesetzlichen Mindesturlaub ist grundsätzlich unzulässig.
  • Dies gilt auch bei gerichtlichen Vergleichen oder Aufhebungsverträgen.
  • Selbst wenn der Urlaub krankheitsbedingt nicht genommen werden kann, bleibt ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung bestehen.
  • Arbeitgeber können sich nicht auf vermeintlich einvernehmliche Regelungen berufen, wenn diese gegen zwingendes Urlaubsrecht verstoßen.

Bedeutung für die Praxis

In vielen vor Gericht geschlossenen Vergleichen war es bislang üblich, eine Regelung aufzunehmen, wonach offener Resturlaub bereits gewährt oder genommen wurde. Das wurde als sog. Tatsachenvergleich verstanden, der das Verbot der Abgeltung von Urlaub während eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses „umgehen“ sollte. Dem hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr einen Riegel vorgeschoben. Denn – so das Bundesarbeitsgericht – es handelt sich dabei gerade nicht um einen Tatsachenvergleich.

Hinweis: Eine Urlaubsabgeltung, nachdem das Arbeitsverhältnis geendet hat, ist und bleibt zulässig.