Arbeitsrecht

09.12.2019

Begründet Crowdworking ein Arbeitsverhältnis?

Das Landesarbeitsgericht München hat am 04.12.2019 (Az. 8 Sa 146/19) ein bedeutsames Urteil gefällt.

Die Kernaussage lautet: Eine Vereinbarung eines sog. Crowdworkers mit dem Betreiber einer Internetplattform, die keine Verpflichtung zur Übernahme von Aufträgen enthält, begründet kein Arbeitsverhältnis.

Crowdworking zeichnet sich dadurch aus, dass ein Unternehmen Arbeiten von externen Auftragnehmern erledigen lässt. Über eine Internetplattform bietet das Unternehmen die Erledigung bestimmter Aufträge an. Der potentielle Auftragnehmer kann – nachdem er eine Basisvereinbarung mit dem Unternehmen abgeschlossen hat diese Aufträge meist über eine App einsehen und einen oder mehrere übernehmen. Bei Übernahme eines solchen Auftrags verpflichtet sich der Auftragnehmer in der Regel, den Auftrag innerhalb einer bestimmten Zeitvorgabe abzuarbeiten.

Wichtig aber: Das Unternehmen ist nicht verpflichtet, einen Auftrag anzubieten und auch der potentielle Auftragnehmer ist nicht verpflichtet, einen solchen Auftrag anzunehmen.

Wenngleich eine genaue Urteilsbegründung noch nicht vorliegt, ist für das LAG München wohl mitentscheidend, dass der „Teilnehmer“ am Crowdworking nicht zur Annahme eines angebotenen Auftrags verpflichtet ist.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das LAG München aber die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Man darf also gespannt sein, wie das Bundesarbeitsgericht dies bewerten wird. Meine persönliche Einschätzung dazu: Legt man die Rechtsprechung der Sozialgerichte und des Bundessozialgerichts zur abhängigen Beschäftigung zugrunde, so dürfte das Kriterium der „Freiheit der Auftragsannahme“ für sich allein eher nicht ausreichen. Ich gehe davon aus, dass das BAG das LAG-Urteil aufheben wird.

Gerhard Greiner
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Aktualisierung

Mit Urteil vom 01.12.2020 (Az. 9 AZR 102/20) hob das Bundesarbeitsgericht das Urteil des LAG München auf.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass der Kläger in arbeitnehmertypischer Weise weisungsgebundene und fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit geleistet habe. Zwar sei er vertraglich nicht zur Annahme von Angeboten der Internetplattform verpflichtet gewesen. Die Organisationsstruktur des Portals sei aber darauf ausgerichtet gewesen, dass über einen Account angemeldete und eingearbeitete Nutzer kontinuierlich Bündel einfacher, Schritt für Schritt vertraglich vorgegebener Kleinstaufträge annehmen, um diese persönlich zu erledigen.