Arbeitsrecht

07.09.2020

Bundesarbeitsgericht zur Auskunftspflicht des Arbeitnehmers bei Geltendmachung von Annahmeverzugslohn.

Will ein Arbeitnehmer Annahmeverzugslohn gegen Arbeitgeber geltend machen, muss er dem Arbeitgeber Auskunft erteilen, welche Arbeitsplatzangebote ihm durch die Bundesagentur für Arbeit und das Jobcenter im Annahmeverzugszeitraum unterbreitet wurden, dies unter Nennung der Tätigkeit, der Arbeitszeit, des Arbeitsortes sowie der Vergütung in Euro.

 

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 27. Mai 2020 (AZ: 5 AZR 387/19) eine Entscheidung getroffen, die Arbeitgeber freuen dürfte.

Worum geht es dabei?

Anlass war – wie so oft – eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer hatte hiergegen Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht erhoben. Jetzt ist es bekanntlich so, dass so ein Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht einige Monate dauern kann. Verliert nun der Arbeitgeber den Kündigungsschutzprozess, hat dies rechtlich zur Folge, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Lohn für die Zeit vom Ende der Kündigungsfrist bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts nachbezahlen muss, obwohl der Arbeitnehmer in dieser Zeit nicht für den Arbeitgeber gearbeitet hatte. Der Jurist spricht hier vom sog. Annahmeverzugslohn.

Zwar sieht das Gesetz in § 615 BGB vor, dass sich der Arbeitnehmer auf diesen Annahmeverzugslohn dasjenige anrechnen lassen muss, was er sich hierdurch erspart hat oder er durch anderweite Dienstleistung (also Arbeitsleistung für eine andere Firma) erworben (also verdient) oder zu erwerben „böswillig unterlassen“ hat.

In der Praxis hatte diese Vorschrift aber nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Faktisch war es nicht selten so, dass der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben hatte, er noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist für den Arbeitgeber tätig war und er anschließend abwartete und er Arbeitslosengeld bezog. Ob er Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit erhalten hatte, ob und aus welchen Gründen er sie abgelehnt hatte, blieb dem Arbeitgeber verborgen. An diese Information kam er nicht ohne Weiteres ran. Das Ende vom Lied war, dass sich der Arbeitgeber – um das Annahmeverzugsrisiko nicht „unendlich“ anwachsen zu lassen – in den Abfindungsverhandlungen im Kündigungsschutzprozess dem Druck des Arbeitnehmers beugte und er oftmals eine höhere Abfindung bezahlte als ihm lieb war.

Und genau da setzt nun das Bundesarbeitsgericht an. Das Bundesarbeitsgericht gibt dem Arbeitgeber einen einklagbaren Anspruch gegen den Arbeitnehmer auf Auskunftserteilung, welche Arbeitsplatzangebote dem gekündigten Arbeitnehmer durch die Bundesagentur für Arbeit und das Jobcenter im Annahmeverzugszeitraum unterbreitet wurden, dies unter Nennung der Tätigkeit, der Arbeitszeit, des Arbeitsortes sowie der Vergütung in Euro.

Damit wird der Arbeitgeber in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob der Arbeitnehmer – wie es § 615 BGB formuliert – es böswillig unterlassen hat, einen anderen Verdienst zu erzielen, den er sich auf den Annahmeverzugslohn anrechnen lassen müsste. Der Arbeitnehmer wiederum wird sich in Zukunft nicht mehr auf die bloße Auskunft beschränken können, er habe keinen anderweitigen Verdienst erzielt.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts verteilt also die Karten im „Abfindungspoker“ ein wenig zugunsten des Arbeitgebers, weil er sich nicht mehr dem Einwand des Arbeitnehmers ausgesetzt sieht, dieser habe nichts verdient und müsse sich daher auch nichts auf den Annahmeverzugslohn anrechnen lassen. Gerade bei längeren Kündigungsschutzprozessen – die sich auch über die Gerichtsinstanzen hinweg erstrecken können – dürfte dies eine große Rolle spielen.

 

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Gerhard Greiner
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht